Die rumänisch-orthodoxe Kirchenverfassung und ihre ekklesiologischen Grundlagen

          I. Terminologische Klärungen und kurze Geschichte des Statuts der Rumänisch-Orthodoxen Kirche

Die gesamt-organisatorischen Hebeln der Orthodoxen Kirche umfassen grundsätzlich zwei gesetzliche Kategorien: die kirchlichen Gesetze (der kanonische Teil dieser Organisation); und die staatlichen Gesetze (der strikt juridische Teil dieser Organisation). Die kirchlichen Gesetze bestehen gemäß der abnehmenden Ordnung ihrer geschichtlichen Erscheinung und gemäß ihrer Kraft und Bedeutung, aus folgenden Elementen: die Kanones, die Kanonismen, die organischen Gesetze/Statuten, die synodalen Gesetze, die organisatorischen Gesetze, die Statuten, die Vorschriften, die synodalen Entscheidungen oder Beschließungen, die bischöflichen Entscheidungen oder Beschließungen, die Rundschreiben  und die Befehle.[1]

Die ältesten und die wichtigsten kirchlichen Gesetze sind die Kanones -die 85 Apostolischen Kanones, die Kanones der sieben Ökumenischen Konzilien und der elf Partikularsynoden und die Kanones der Kirchenväter- nämlich die Gesamtheit der Kanones, die zusammen ein Corpus canonum oder der Codex canonum der ganzen Orthodoxie darstellen. Die Kanones kann man mit einer Verfassung im staatlichen Leben vergleichen. Keine andere Form der kirchlichen Gesetze darf den Kanones widersprechen. Die Kanonizität oder die Übereinstimmung mit den Kanones (nicht unbedingt buchstäblich, weil manchmal das schon anachronistisch ist, sondern sinngemäß, gemäß der dogmatischen und moralischen Wahrheit der Kirche, die unveränderlich bleibt) ist die wichtigste und die erste Bedingung für die Gültigkeit und die Anwendung irgendeinem anderen kirchlichen Gesetz.[2]

Die Kanones sind die exklusive Handlung der Kirche, aber die anderen kirchlichen Gesetze zeigen mehr Formen der nomokanonischen Tradition[3]. Es ist wichtig zu betonen, dass die Kanones grundsätzlich unveränderbar sind (oder nur eine andere Synode der ganzen Kirche sie ändern könnte), aber die anderen kirchlichen Gesetzen darf jede Teilkirche gemäß der Zeit und ihrer Notwendigkeiten ändern.

Mehr als die anderen kirchlichen Gesetze sind die Statuten spezifisch für die aktuelle Situation und Organisation der lokalen autonomen orthodoxen Kirchen.  Die Statuten kann man als ,,Gesetze, die von der Kirche geschaffen wurden [also grundsätzlich gemäß den Kanones] und die vom Staat, wie die Statuten anderen, entweder religiösen (die Kulten), oder weltlichen (die Gewerkschaften) autonomen Organisationen akzeptiert oder gebilligt wurden“[4] definieren.

Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche hat einen solchen Statut, der im Jahr 1948 von der Synode promulgiert und 1949 von der Volksrepublik Rumänien (durch die Verordnung 233/23 Februar 1949) gebilligt wurde. Nach 1989 wurde er mehrmals von der Synode durchgesehen und verändert. Er heißt: ,,Der Statut für die Organisation und für die Wirken der Rumänisch-Orthodoxen Kirche“. Die letzte offizielle Auflage wurde im Jahr 2003, vom Rumänischen Patriarchat gedruckt.[5]

Aber, die Wurzeln des gegenwärtigen Statuts reichen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück, als die drei großen rumänischen Fürstentümer, Moldawien, Walachei und Siebenbürgen/Transsilvanien, noch nicht als aktuelle staatliche einheitliche Konfiguration erschien. Moldawien und die Walachei befanden sich im Mittelalter unter dem Osmanischen Reich und sie wurden zum ersten Mal politisch im Jahr 1859, unter dem Namen Rumänien geeinigt. 1877 haben sie die Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich errungen. Siebenbürgen, das seit 1683 unter dem Habsburgerreich und seit 1867 unter dem  österreichisch-ungarischen Dualismus war, vereinigte sich mit Rumänien im Jahr 1918. Seit diesem Jahr existiert, praktisch, mit manchen Änderungen nach dem 2. Weltkrieg, der aktuelle Rumänische Staat.

Die Kirche organisierte sich im 19. Jahrhundert gemäß der oben genannten politischen Verwaltung des Landes. Obwohl die Orthodoxe Kirche von Siebenbürgen einen weit schlechteren Zustand als die Kirchen Moldawiens und der Walachei hatte – als Mehrheitsbevölkerung hatten die Orthodoxen Rumänen keine politischen Rechte im Fürstentum genossen und die Orthodoxe Kirche war nur toleriert – genau in Siebenbürgen entstand die moderne Struktur der Rumänischen Kirche. Der Grund dafür war die Notwendigkeit der Rumänen, sich gut zu organisieren, um in einer Gesellschaft, die ab dem 16. Jahrhundert sie konsequent marginalisiert hat, zu überleben. Aufgrund des damaligen Kirchenstatuts Transsilvaniens wurden die darauf folgenden Statuten der Rumänischen Kirche strukturiert. Nicht ohne Bedeutung ist die Sache, dass das Echo dieses ersten Statuts in mehreren späteren Kirchenstatuten anderer Länder gespürt wurde[6], obwohl dieser Einfluss mehr oder weniger explizit erkannt war und ist.

Der Schöpfer dieses wichtigen Werkes war der Bischof und seit 1864 der Metropolit Andrei Şaguna, der den ersten rumänischen Organisationsstatut seiner Metropolie geschaffen hat. Jurist und Theologe von Beruf, der erste moderne Kanonist der Geschichte Rumäniens, hat er, nach breiten praktischen Erfahrungen auf allen Ebenen der Kirchenverwaltung, systematisch, in einer sehr entwickelten Perspektive für seine Zeit, die Hebeln der Leitung und der Organisation der Kirche umgeformt. Sein so genannter Organischer Statut wurde am 28. Mai 1869 vom Kaiser Franz Joseph ratifiziert.

Ein weiterer Schritt in der Organisation der Rumänisch-Orthodoxen Kirche, vor dem aktuellen Statut, war, als Konsequenz der politischen Änderungen nach dem ersten Weltkrieg, das Gesetz und der Statut für die kirchliche Organisation, vom Jahr 1925.

         II. Die ekklesiologische Sicht Andrei Şagunas als Basis des rumänischen kirchlichen Organisationssystems

Da die Kirchenverfassung Rumäniens grundsätzlich gleich mit dem Organischen Statut vom 19. Jahrhundert ist, sind ihre ekklesiologische Grundlagen auch die gleichen wie damals. Hinzu muss man betonen, dass die Ekklesiologie Şagunas mehr als aktuell für Rumänien und für die ganze Orthodoxie ist.

Die Systematisierung der ekklesiologischen Anschauung Şagunas findet man in seinem wichtigstem kanonischem Werk, Compendium des kanonischen Rechtes der einen, heiligen, allgemeinen und apostolischen Kirche[7], das erste komplexe kanonische Handbuch in rumänischer Sprache, das im Jahr 1868 veröffentlicht wurde.

Das Handbuch besteht aus drei großen Teilen: I. inneres kanonisches Recht; II. äußeres kanonisches Recht; III. Gesetzgebung, Verwaltung und die kirchliche Leitung.

Am Anfang des ersten Teiles definiert Şaguna die Kirche folgendermassen: ,,Die Kirche, betrachtet aus dem Gesichtspunkte des kanonischen Rechtes, ist die Gemeinschaft jener Individuen, welche sich in dem einen Herrn Jesu Christo, in einem Glauben, in einer Taufe und in einem Gott und Vater Aller geeinigt haben (Epheser 4,5-6), um sich durch das Bekenntnis und die Erfüllung der Lehre und des neuen Testamentes Jesu (Hebräer 12,24)  zu erlösen von dem alten Testamente und die Kindschaft zu empfangen (Gallater 4,4-5).”[8] Und weiter gibt es noch eine wichtige Erklärung: ,,Dass Christus das Haupt der Kirche und die Kirche der Leib Christi ist, überzeugen wir uns aus der heiligen Schrift.”[9]

Also, die Kirche ist der Körper, dessen Kopf Christus selbst ist. Zum Körper gehören alle Gläubigen, die ,,einen Herr, einen Glauben, eine Taufe”[10] haben.

Dieser Teil des Handbuchs – inneres kanonisches Recht – umfasst die Erklärungen über die dogmatischen, symbolischen, axiomatischen, liturgischen und rituellen Lehren der Kirche, über die heiligen Sakramente/Mysterien, dann, im dritten Hauptstück ,,über den Organismus und die Verfassung der Kirche“[11]. Şaguna analysierte sowohl den mystischen Gesichtspunkt der Kirche, ihren sakramentalen Teil, als den Grund des gesamten Kirchenlebens, als auch die soziale Organisation der Kirche, ihren Organismus, weil: ,,Wie die Existenz der Kirche und ihres Hauptes nicht geleugnet werden kann, so kann auch die Existenz des kirchlichen Organismus nicht im Zweifell gezogen werden.“[12]

In diesem zweiten Gesichtspunkt der Kirche als sozialer Organismus oder soziale Institution hat sie einen strikt menschlichen, sichtbaren Innhalt, nämlich: die persönlichen Elemente und die sozialen Elemente.

,,Die Personalbestandteile des Kirchenorganismus beziehen sich auf alle Glieder des Leibes der Kirche, ohne Unterschied der Stellung, welche sie in der Kirche einnehmen…“[13] Alle orthodoxen Christen sind, in Şagunas Verständnis, Elemente des Kirchenorganismus. Mit anderen Wörtern, wer zum Corpus Christi, durch die Taufe und die anderen Sakramente gehört, ist auch Mitglied des sozialen Aspekts der  Kirche. Wenn er weiter jede Kategorie der individuellen Mitglieder der Kirche beschreibt, macht Şaguna die Einteilung zwischen den geweihten und ungeweihten Christen. Diese Kategorien sind: die Bischöfe, die Priestern, die Diakone, die Mönche/die Nonnen und die Laien.[14]

,,Die Sozialbestandteile des Organismus der Kirche sind die Pfarren, Klöster, Erzpriestertümer, Eparchien, Metropolien und Patriarchate, in welche die allgemeine Kirche geteilt ist, doch diese Teile, da sie mit einander verbunden sind, in der natürlichsten Harmonie erscheinen.“[15]

In diesen Definitionen möchte ich zwei Ausdrückweisen betonen: ,,alle Glieder des Leibes der Kirche, ohne Unterschied der Stellung, welche sie in der Kirche einnehmen“[16] und ,,die universelle Kirche“, derer Teilen ,,in der natürlichsten Harmonie erscheinen“. Beide waren sehr wichtig für die ekklesiologische Konzeption Şagunas und sie sind heute noch wichtiger sowohl für die rumänische Orthodoxie als auch für eine positive Entwicklung der orthodoxen Kirchenorganisation insgesamt.

Sie unterstreichen die Tatsache, dass Șaguna offen für die Verankerung in der Universalität der Orthodoxen Kirche war. Diese Einstellung vertrat er im Jahr 1868, in einer Zeit, in welcher der bis zum Philetismus überhöhte Nationalismus in den orthodoxen Ortskirchen überwiegend war. Er hatte seine Metropolie, die vier Jahre zuvor reaktiviert wurde, als ein Stück der gesamten Orthodoxie verstanden und sie gemäß diesem Verständnis organisiert. Er hat sich selbst, als Oberhaupt jener autonomen Metropolie, in kanonischer Verbindung und untergeordnetem Verhältnis mit der kirchlichen Autorität des serbischen Patriarchs verstanden und behandelt. Obwohl seine persönliche Beziehungen mit jenem Patriarchat lange Zeit angespannt waren, weil Şaguna  sich um die Reaktivierung der alten orthodoxen Metropolie Transsilvaniens bemühte.[17]

Entsprechend der Definition der Kirche, einerseits als einen mystischen Körper, den hauptsächlich durch die heiligen Sakramente – die immer gleichen Wert haben und unverändert bleiben – artikuliert ist, und andererseits als einen sozialen, sichtbaren und veränderlichen Organismus, teilte Şaguna die Aufgaben der individuellen Mitglieder der Kirche in abstrakte und konkrete ein.  Die abstrakte Aufgabe jedes Mitglieds besteht aus der Erleuchtung und Erlösung der eigenen Seele und der Seelen deren, für die jeder verantwortlich ist. Die konkrete Aufgabe besteht aus den Verantwortungen im sozialen Organismus der Kirche, die spezifisch jeder Kategorie sind.[18]

Aufgrund dieser ekklesiologischen Anschauung fundamentierte Şaguna seine Ziele als Bischof, der verantwortlich für seine Gläubigen, für die Gegenwart und für die Zukunft seiner Eparchie und der gesamten Kirche war.

Er selbst beschrieb seine Diözese, am Anfang seines Amtes in Transsilvanien, in einer Denkschrift an den Kaiser: ,,Die Geschichte der griechisch-orientalischen Kirche in Siebenbürgen war eine Reihe von Drangsalen und Leiden, das Bild einer Sklavin darstellend, die in Fesseln geschlagen nur von der Gnade der Duldung ihr Dasein kümmerlich fristet.”[19] Gerade diese unorganisierte, arme Diözese wurde von ihrem Bischof, in nur 25 Jahren, in die best organisierte Metropolie der Donaumonarchie aber auch der ganzen Orthodoxie umgeformt.

Der Schlüssel der unerwarteten Revitalisierung war den Versuch alle Mitglieder der Kirche in die Mitverantwortung einzubeziehen. Şaguna war davon überzeugt, dass ,,die äußere Lebenskraft der Kirche durch das ungehinderte Fungieren aller Personal- und Sozialbestandteile der Kirche bedingt ist, darüber kann kein Zweifel obwalten, denn in dem Leibe, in welchem die Lebensbestandteile vernachlässigt und nicht ausgebildet, und darum in ihren Funktionen gehindert sind, in demselben ist auch das Leben des Leibes geschwächt und krank, und es kann sehr leicht in Gefahr kommen; aus diesem Grunde ist es erforderlich, dass die Bestandteile des Organismus der Kirche nicht nur von keiner Seite gehindert, sondern alle frei werden in ihren Handlungen und harmonisch Mittäter sind an ihrer gegenseitigen Erhaltung, Ausbildung und Gedeihen. Die Lebenskraft der Kirche seitens ihres Hauptes ist für die Ewigkeit garantiert…. Über die äußere Lebenskraft der Kirche kann umso mehr von der einen oder der anderen Seite gefährdet werden, als wir uns aus der Betrachtung des äußeren Bildes der Kirche mehr überzeugen, dass sie heute einen vernachlässigten Weingarten und einen verstopften Brunnen vorstellt, welcher angesichts der Hüte des Weinberges nicht viele Frucht bringt und angesichts der reichen Quelle nicht genug Wasser gibt. Die Ursache dieses Übels ist der Absolutismus, welcher von dem politischen Gebiete auf das kirchliche gepflanzt worden ist, und welcher mit eiserner Hand die Lebenskraft der Bestandteile des Kirchenorganismus hindert und dieselben jeder Wirksamkeit beraubt.“[20] Wie aktuell sind diese letzten Worte Şagunas, mindestens im post-kommunistischen Rumänien!

Die Reintegration der Laien in allen Rätten/kirchlichen beratschlagenden Strukturen oder die so genannte gemischte Synodalität stellte Şagunas Errungenschaft für die Neustrukturierung der Kirche dar. Er führte einen starken Kampf, einerseits gegen den  hierarchischen Absolutismus in der Orthodoxen Kirche, gegen die Verstockung als Folge der Marginalisierung der Gläubigen im sozialen Kirchenleben, und andererseits gegen die Mentalität und kirchlichen Strömungen seiner Zeit. Es ist nicht zu vergessen, dass Şaguna für die Synodalität kämpfte, in den gleichen Jahren, als in der Westkirche das erste Vatikanische Konzil vorbereitet wurde, das die neuen Dogmen der Unfehlbarkeit und des Primats beschlossen hat. In diesem kirchlichen Kontext wurde Şagunas Werk von den Protestanten gewürdigt[21], aber manche Orthodoxe, die nicht die beste Meinung oder Verständnis für die Synodalität hatten[22], als auch manche Katholiken[23] sagten, dass Şaguna mit seinem Kompendium und Kirchenstatut „protestantisierende” Tendenzen unterstützte[24]. Daher lässt sich die unmittelbare folgende Kritik in der römisch-katholischen Kanonistik zeitgeschichtlich gut einordnen. Trotz dieser Vorwürfe muss man betonen, dass es zwischen  Şagunas orthodoxer Ekklesiologie und der protestantischen Ekklesiologie gewaltige Unterschiede gibt (die Protestanten haben nichts zu tun mit den heiligen Sakramenten der Orthodoxie, die bei Şaguna das Leben/die Seele der Kirche sind) und dass gerade die ekklesiologische Grundlage die Basis der Organisation jeder Kirche sind.

Trotz allen Kritikern gilt Şaguna bis heute, als einer der wichtigsten orthodoxen Kämpfer für die Wiedereinsetzung einer ursprünglichen Institution der Kirche, so wie er selbst die Synodalität definierte: ,,Die Synoden nehmen ihren Ursprung von dem Erlöser Jesus Christus selbst. Dies kann kein Kanonist, möge er noch so spekulativ sein, bekämpfen, denn Christus selbst hat in einer synodalen Weise, das heißt in Versammlungen mit den Aposteln und dem Volke alle seine Handlungen ausgeübt.“[25]

         III. Die Organisation der Rumänisch-Orthodoxen Kirche gemäß ihrem Statut von 1948/1949

     1. Die administrativen Teile der Kirche (Şagunas soziale Elemente der Kirche)

Gemäß dem gegenwärtigen Statut hat die Rumänisch-Orthodoxe Kirche die folgenden kirchlich-administrativen Teile: das Patriarchat, die Metropolie, die Eparchie, das Kloster, das Erzpriestertum/der Erzpriesteramt, die Pfarrei.

Das Rumänische Patriarchat umfasst, gemäß dem Artikel 1 vom Statut: ,,alle orthodoxen Gläubigen aus Rumänien und von der rumänisch-orthodoxen Diaspora.“ Es ist zu merken, dass der zweite Teilsatz, nämlich: ,,und von der rumänisch-orthodoxen Diaspora“, eine notwendige Erneuerung ist, die im Jahr 1990 ins Statut eingeschlossen wurde[26]. Diese Einfügung war notwendig, um die Orthodoxen Rumänen, die im Ausland leben, nicht außerhalb der Mutterkirchenjurisdiktion (oder überhaupt ohne Jurisdiktion) zu lassen und um eine schon lange faktische Situation gesetzlich/rechtlich zu erkennen[27]. Aber, inwieweit diese Änderung ganz kanonisch ist, steht in Frage, und die orthodoxen Kanonisten werden in der Zukunft eine echte, kanonische Antwort darauf finden müssen.

Die Metropolie[28], als provinzialer Teil der Kirche, umfasst mindestens 2 Bistümer. Nach der Gründung von vielen neuen Bistümer, vom Jahr 1990 bis heute, umfasst jede Metropolie aus Rumänien mindestens 4 Bistümer.

Ein Problem – was die Metropolis betrifft – besteht darin, dass sich im Statut nur 5 Metropolien, nämlich diese zwischen den rumänischen Grenzen, finden; es gibt aber, in Wirklichkeit, noch andere 3 Metropolien und ein Erzbistum außerhalb der Grenzen, die nicht im Statut erwähnt wurden[29]. Es ist sicher, eine Konsequenz des obigen Kommentars über die rumänisch-orthodoxe Diaspora und ihre Kanonizität.

Die Eparchie als Bistum oder Erzbistum[30], ist ein regionaler Teil der Kirche, mit den Erzpriestertümern, den Pfarren und den Klöstern von einem Territorium. Heute umfasst fast jeder Kreis Rumäniens ein eigenes Bistum. Es gibt im Rumänischen Patriarchat zwischen den Grenzen 10 Erzbistümer und 17 Bistümer.

Das Erzpriestertum[31] umfasst mehrere Pfarren vom gleichen Bistum. Heute gibt es in Rumänien etwa 161 Erzpriestertümer[32].

Dieser organisatorische Teil der Rumänischen Kirche kommt vom Şaguna, aber, er ist heute nicht in gleicher Form wie damals konzipiert[33], und Şagunas Argumente sind heute für so einen Kirchenteil nicht mehr gültig.[34]

Die Präsenz einer Spur von Şagunas Erzpriesteramt im Statut von 1949 hat sehr wahrscheinlich seinen Grund in der damaligen politischen Situation des Landes: die Bistümer waren sehr groß und es gab wenige Bischöfe. Für eine gute Verbindung zwischen den Pfarren und dem Bistum war noch eine Struktur, nämlich das Erzpriesteramt, nötig.

Aber weil heute man weder in der Situation  des 19. Jahrhunderts in Transsilvanien lebt, noch die politische Situation Rumäniens in 1948 besteht, und das Priesteramt eigentlich keine klare Übereinstimmung mit den Kanones und mit der Orthodoxen Tradition hat, wäre es nötig die direkte Verbindung und Kommunikation zwischen dem Bistum und den Pfarren, als die wichtigsten Zellen der Kirche,  wiederherzustellen.

Die Pfarrei[35] ist der lokale Teil der Kirche, die alle orthodoxen Christen von einem Territorium umfasst. Heute gibt es in Rumänien etwa 11.000 Pfarren und 2.313 Filialen[36] und weitere 300 Pfarren, Missionen und Filialen in der rumänischen Diaspora[37].

Das Kloster[38] ist der lokale kirchliche Teil, der gemäß den monastischen Regeln der Ostkirche organisiert ist. In den letzten Jahren wurden auch in der Diaspora Klöster gegründet: 7 in der Rumänischen Metropolie für West- und Südeuropa, 3 im Rumänischen Erzbistum von den Vereinigten Staaten und Kanada, 3 im Rumänischen Bistum von Ungarn, und 1 in der Rumänischen Metropolie für Deutschland, Central- und Nord Europa.[39]

Jeder von diesen Teilen der Rumänisch-Orthodoxen Kirche genieß die juridische Persönlichkeit.[40] 

     2. Die Leitung der Rumänischen Kirche

Alle administrativen Teile der Rumänisch-Orthodoxen Kirche sind von den individuellen und kollegialen Organen geleitet. Meistens gehören zu den individuellen Organen Mitglieder des Klerus, also geweihte Personen. Die Ausnahmen stellen ungeweihte Äbte und die Äbtissinnen dar. Die kollegialen Organe – Synoden, Versammlungen oder Räten genannt – umfassen entweder nur geweihte Personen, oder sie sind gemischte Organe, wo auch die Laien mitwirken. Diese gemischten Organe der Kirche, die auf jeder Ebene der Leitung geschafft wurden, kommen in die gegenwärtige Verfassung vom Şaguna, und das nennt man die gemischte Synodalität.

Neben dem Patriarchat als auch neben jedem Bistum gibt es noch weitere Strukturen, die der individuellen oder kollegialen Leitung der Kirche helfen, nämlich: am Patriarchat die Patriarchatsverwaltung[41] und die Patriarchatskanzlei[42]; am Bistum die Verwaltung und die eparchiale Kanzlei[43]. Solche helfende Strukturen -Sekretariat und  Kanzlei- in kleineren Dimensionen gibt es auch neben den anderen kirchlichen Teilen: Klöster, Erzpriestertümer, Pfarren.

Die individuellen Leitungsorgane der Kirche sind: der Patriarch[44], die Metropoliten[45], die Bischöfe[46], die Erzpriestern[47], die Pfarrern[48] und die Äbte und Äbtissinnen[49]. Davon, dürfen nur die Äbte und Äbtissinnen nicht geweiht sein.

Jeder von ihnen hat Rechte und Pflichten, die klar im Statut gezeichnet sind. Manche Befugnisse/Verantwortungen kommen von der eigenen individuellen Leitungskraft, aber sie haben auch Befugnisse, die von den kollegialen Organen der Kirche abhängig sind. Der einzelner, der im aktuellen Statut keine Verbindung mit einem kollegialen Organ hat, also nur eine persönliche Verantwortung, ist der Erzpriester. Das ist noch ein Grund für die Löschung des Erzpriesteramtes.

Die kollegialen Organe der Kirche wurden im Rahmen jedes Teils der Kirche gegründet, und sie sind die folgenden: im Patriarchat: die Heilige Synode[50], die permanente Synode[51], die Nationalkirchenversammlung[52], der Nationalkirchenrat[53]; in der Metropolie: die Metropolitanische Synode[54]; im Bistum: die Eparchialkirchenversammlung[55], der Eparchialrat[56]; im Erzpriesteramt gibt es keinen kollegialen Organ; in der Pfarrei: die Pfarrversammlung[57], der Pfarrrat[58]; im Kloster: die Klosterversammlung, der ökonomische Rat und der geistliche Rat[59]. Ein Teil dieser Organe umfasst nur Bischöfe: die Heilige Synode, die permanente Synode und die Metropolitanische Synode. Alle anderen Leitungsorgane sind gemischt und umfassen Geistliche und Laien.

Die gemischten Leitungsorgane, die  ihren Grund in Şagunas Ekklesiologie finden, haben nur ökonomische, kulturelle, administrative, aber keine dogmatische oder sakramentale Befugnisse.

     3. Die konstitutiven Elemente der vertretenden Organe der Rumänisch-Orthodoxen Kirche; Synodalität als wichtigstes Prinzip der Orthodoxen Kirche Rumäniens

In der aktuellen Organisationsform, so wie im Şagunas Organischen Statut, sind konstitutive Elemente der vertretenden Organe der Kirche zwei wesentliche Kategorien, die sich durch das Sakrament der Weihe unterscheiden: der Klerus, mit den 3 Ebenen: Bischöfe, Priester und Diakone, und die Laien.

Die Vertreter des Mönchtums wurden in der Zeit des Kommunismus von den gemischten Organen ausgeschlossen. Die folgende Meinung ist im kommunistischen Kontext zu verstehen: ,,Das Mönchtum kann man auch als einen zusätzlichen Zustand verstehen, weil jede Kirche ohne das existieren kann, aber ohne Klerus und Laien kann man die Existenz der Kirche nicht konzipieren“[60]. Wir sollen aber, gleichzeitig, ihre implizite Absurdität betonen, die davon kommt, dass in der Orthodoxen Kirche, schon lange, zum Bischofsamt  nur die Mönche akzeptiert sind.[61]  Weil vom Bischof das ganze sakramentale Leben der Kirche, also die Kirche selbst abhängig ist, kommt gleich die nächste logische Frage: wie kann die Kirche ohne das Mönchtum existieren, wenn sie überhaupt nicht ohne Bischöfe, die unbedingt zum Mönchtum gehören, existieren kann?

Obwohl Şaguna selbst die Mönche nicht explizit in seinem Statut als konstitutives Element der vertretenden Organe der Kirche anerkannt hat, ist es klar, von seiner kanonischen Doktrin, dass er, der selbst schon als Junge ins monastische Leben eingetreten ist, überhaupt nicht in der Weise wie die Kommunisten über das Mönchtum denkt. Der einzelne Grund, dass er nicht explizit die Mönche in diesen Organen der Kirchenverwaltung genannt hat, gründet in der Tatsache, dass es damals in Transsilvanien fast keine Klöster gab. Seit der Regierung der Kaiserin Maria Teresia und des Generals Anton von Bukow, war das Mönchtum in Transsilvanien mehr eine schöne, alte Geschichte, ein Schatten der Vergangenheit, als eine Präsenz[62]. Şaguna selbst kam von Serbien nach Transsilvanien, als Vikar, im Jahr 1846, weil in Siebenbürgen  kein guter Kandidat gefunden wurde.[63]

Obwohl diese leider noch aktuelle Meinung über die Organisation der Kirche und ihre konstitutiven Elemente bis 1989 ,,normal“ war, ist sie heute eine Überraschung, wenn es in Rumänien etwa 589 Klöster, wo ungefähr 8.000 Leute leben[64] gibt, und wenn mehrere Klöster, eine großartige pastoral-missionarische Arbeit machen.

Ein anders Problem, im Rahmen der vertretenden Organe der Kirche, ist das Verständnis der Begriffe ,,Klerus“ und ,,Laien“ gemäß des Artikels 3 des Statuts, darin heißt es: ,,Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche hat die hierarchisch-synodale Leitung,… und sie administriert sich autonom(erweiße), durch die eigenen vertretenden Organe, die aus dem Klerus und aus dem Volk gewählt sind, durch das Votum der Gläubigen…“ . Obwohl der Begriff ,,Klerus“, gemäß den Kanones und der Orthodoxen Überlieferung, nur die geweihten Männer umfasst, sollte er, theoretisch, den Begriff ,,Laien“ (im Statut ,,das Volk“) und den Begriff ,,die Gläubigen“ gleichzeitig die ungeweihten Männer und die Frauen umfassen. Praktisch aber ist es nicht so; gemäß den Artikeln 52, 53, 60, 63 des Statuts sind nur Männer Teile der beratenden Strukturen der Kirche: nur sie gründen die Pfarrversammlung[65], die, praktisch, der erste Wahlapparat der Kirche ist, und der, die nächsten kirchlichen gemischten beratenden Organe baut[66]: die Eparchialsynode, wo die Laien 20 Plätze bekommen[67] und die Nationalkirchenversammlung, wo jedes Bistum 2 Plätze für die Laien bekommt[68]. So ,,das Votum der Gläubigen“ ist, eigentlich, ,,das Votum der Männer“!

Die Ausschließung des Mönchtums und der Frauen von den gemischten beratenden Organen der Kirche zeigt, zunächst, ein Missverständnis oder eine Missnützung der Orthodoxen Ekklesiologie, die unbedingt korrigiert werden soll. Ob wir, gemäß jener Ekklesiologie, die der Metropolit Andrei Şaguna so schön systematisierte, die Kirche als Corpus Christi und die Rumänisch-Orthodoxe Kirche als einen lokalen Teil des sozialen Organismus der Kirche verstehen, sollen wir akzeptieren, dass zu diesem Corpus jede Person gehört, die in der Rumänisch-Orthodoxen Kirche getauft wurde und die weiter als Rumäner/Rumänin und Orthodox lebt und wirkt. Und alle Personen, die zum Corpus Christi gehören, sind auch Mitglieder des sozialen Aspekts der Kirche, Elemente des Kirchenorganismus. 

Diese Unterlassungen oder Unachtsamkeit mit der orthodoxen ekklesiologischen Doktrin, hinsichtlich des Wahlrechts in den gemischten Organen der Kirche, sind eine Konsequenz der politischen Situation Rumäniens vom Jahr 1948, als der aktuelle Statut geschaffen wurde: erst im gleichen Jahr war das politische Wahlrecht aller Frauen in Rumänien anerkannt[69], und der Kommunismus, der gegen das Mönchtum war, gerade eingesetzt  wurde.     

Dass der damaligen politischen Kontext den Hauptgrund ist, beweist auch die Tatsache, dass in der rumänischen Diaspora, die statutarischen Bestimmungen hinsichtlich der Pfarrversammlung schon lange eine breitere Interpretation haben: alle Gläubigen, Männer und Frauen, nehmen an deren Sitzungen teil, sie spielen die gleiche Rolle im Pfarreisleben. Trotzdem ist es sicher, dass bis jetzt, kein Bistum der Diaspora eine Vertreterin für die Nationalkirchenversammlung wegen der ,,gefrorenen“  Bestimmungen des Statuts gewählt hat.

Eine Überraschung aber ist die Aufrechterhaltung des rumänisch-orthodoxen Statuts, auch nach 1989, der uralten sozial-politischen Standards der Şagunas Zeit, in einer Epoche, die sehr unterschiedlich von derjenigen, oder von der kommunistischen Zeit ist. Im sozial-politischen Kontext des 19. Jahrhunderts war die folgende Definition der Pfarrversammlung die beste, die möglich war: ,,An der Pfarrsynode nehmen alle jene Eingepfarrten Teil, die grossjährig, selbständig, moralisch, unbeanstandet sind, und den Pfarr-Verpflichtungen nachkommen.“ [70]

Aber, heute ist es total anachronistisch und diskriminierend, bei der folgenden Bestimmung zu bleiben: ,,Alle Männer, die volljährig, selbständig, moralisch, unbeanstandet sind, und den moralischen und materiellen Verpflichtungen für die Kirche und ihre Anstalten nachkommen, sind die Pfarrmitglieder und sie bilden die Pfarrversammlung“[71].

In einer rumänischen Gesellschaft, die sich als europäisch und demokratisch nennt, und die, die gleichen konstitutionellen Rechte allen StaatsbürgerInnen -Männern, Frauen, Mönchen, Nonnen usw- garantiert[72], soll die Rumänisch-Orthodoxe Kirche, um so mehr, die Standards aufheben und ihre kirchliche Gesetzgebung so novellieren, dass in ihren vertretenden Organen, wie die Eparchialversammlung und die Nationalkirchenversammlung, sowohl das Mönchtum – durch die VertreterInnen von den Mönchen und Nonnen gewählt – als auch die Frauen, ihren bestimmten Platz haben, anders als in der gegenwärtigen Situation, wenn das Syntagma ,,Klerus und Volk“, gemäss des Statutes, beide diese Kategorien, sonst ohne kanonische Gründe, ausschließt.

Nach einer einfachen Logikübung ist es zu verstehen, dass die gleiche Orthodoxe Kirche, die vor 150 Jahren, dank den Mühen und den Kämpfen eines ungewöhnlichen Metropolits – Andrei Şaguna – zu den orthodoxen Rumänen von Transsilvanien, die Rechte und die Würde gegeben hat, die von einer feudalen Gesellschaft nicht erkannt waren, erkennt selbst heute, zu einem wichtigen Teil ihrer Gläubigen (über 50%), viel weniger Würde als der Staat. Der rumänische Staat bewahrt das politische Wahlrecht sowohl für die Frauen, als auch für das Mönchtum, ohne zu meinen, z. B., dass die Gesellschaft ohne es existieren kann, was, grundsätzlich, viel wahrer ist, als die Behauptung, dass die Kirche ohne Mönchtum existieren kann.

Die obigen kirchlich-organisatorischen Unachtsamkeiten sollen gemäß dem Dogma, den Kanones und der Orthodoxen Überlieferung, aber auch gemäß dieser Zeit, schnell novelliert werden. Die Orthodoxie war, grundsätzlich, nie, im Konflikt mit dem Geist der Zeit, sondern hat ihre Institutionen so adaptiert, dass sie, trotzt  ihrem Spezifikum (oder gerade deswegen!) immer aktuell und nützlich für die Gesellschaft, für die Menschen war.

       

          IV. Die Autonomie und die Autokephalie als Organisationsprinzipien der Rumänisch-Orthodoxen Kirche; Abschlüsse

Wie fast jede aktuelle lokale Orthodoxe Kirche, wurde auch die rumänische Kirche gemäß der Prinzipien der Autonomie und der Autokephalie organisiert. Diese Prinzipien findet man in den Artikeln 2 und 3 des Statuts. Weil gerade sie das Thema eines damaligen Kongresses dieser Gesellschaft waren[73], möchte ich heute nur paar Sätze darüber zitieren.

In diesem Jahr, 2005, hat das rumänische Patriarchat 120 Jahre der Autokephalie und 80 Jahre als Patriarchat gefeiert. Im Kontext dieser Feiern kommentierte ein junger Historiker in der rumänischen Zeitung ,,Ziua“ (Der Tag): ,,Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche, wie sie vor 120 Jahren angefangen hat, folgte dem historischen Schicksal einer politischen Konstruktion, die aufgrund der Nationalidee gebaut wurde und die in der fast gleichen Zeit ihre Unabhängigkeit gewonnen hat. Aber gerade hier fängt der Anachronismus an. Obwohl vor 127 Jahren das rumänische Volk bereit war, mit Blut die politische Unabhängigkeit seines Staates, der es vertreten hat, zu bezahlen, ist heute das gleiche Volk in seiner Mehrheit bereit, um zu dieser Unabhängigkeit, in Namen anderes historischen Abenteuer, Schluss zu machen. …Und, um ,,die Autokephalie“ nicht bald zu bedeuten: ,,Schauen Sie, wie wir uns nach dem eigenen Kopf gemacht haben!“ (ein tragisches Beispiel in diesem Sinn ist der Skandal von der Nationalkirche Griechenlands), wäre es willkommen … eine seriöse Reflektion, vielleicht einen ersten Ausdruck…der Einheit der Orthodoxen Kirche, nicht nur liturgisch, sondern auch organisatorisch, in der Europäischen Union. Wie kann die lokale Kirche, auf einem Kontinent ohne Nationen, nur von verschiedenen Kulturen und Sprachen erbaut, konzipiert sein? Wie wird der orthodoxe Missionar der nächsten Jahrzehnten ausschauen?… Wie wird er seinen Glauben in einem Meer der Orthodoxien definieren?… Wie werden die lokalen orthodoxen Kirchen ihre Stimmen im Lärm der Bekenntnisse und der Glauben des alten Kontinentes gehört machen…? Es wäre ein Anfang des Wegs zur Überholung des Anachronismus, der die Orthodoxen Kirchen sich in nationalen Inseln schließt, die Erkennung, mindestens auf einer symbolischen Ebene, mancher Formen der Einheit und Hierarchie in den Orthodoxen Kirchen, eben die Erkennung mancher lokalen multinationalen Synoden. Dieser Ruf  gilt gleichzeitig für alle Nationalkirchen Balkans, aber die lokale Synode Rumäniens kann einen guten Anfang bauen, bei der Gelegenheit 120 Jahre der Autokephalie….“[74]

Worauf der Autor dieses Artikels wartet ist gerade das, was Şaguna in seinem Compendium schrieb: ,,diese Teile [die autokephalen Kirchen], da sie mit einander verbunden sind, in der natürlichsten Harmonie erscheinen.“[75]

Ob die Vorstellungen des jungen Historikers von den Synoden übernommen wird, werden wir in der Zukunft sehen. Sicher ist aber, dass die sehr aktuelle Aufgabe der Orthodoxen Kirche Rumäniens, hinsichtlich ihres organisatorischen Statuts darin besteht, dass sie Şagunas Ekklesiologie und Verständnis der Rolle der Kirche in der Welt weiter, in einer frischen, mutigen und gleichzeitig verantwortlichen Weise enwickelt. Diese Aufgabe kann sie gut im Rahmen des folgenden Meinung erfüllen: ,,..müssen diese apostolischen Synoden als eine Richtschnur für alle Jahrhunderte in dogmatischen, administrativen, philantropischen und kirchlichen Angelegenheiten angesehen werden, wenn wir das Christentum in seiner Originalität und ursprüngliche Echtheit erhalten wollen. Denn würden wir anders handeln und vorgehen, so würden wir das Christentum entstellen, und, indem wir dasjenige, was in den Evangelien Christi und den Taten und Schriften der Apostel enthalten ist, nicht beobachten, das positive Christentum verlassen. Wir würden uns dann lediglich auf dem dunkeln und schädlichen Boden des spekulativen Rationalismus befinden, der den Menschen als Menschen belässt, ihn aber nicht zum Christen macht.“[76]

Aufgrund des Verständnis der Orthodoxie in Verbindung mit dem Geist der Zeit soll die Orthodoxe Kirche Rumäniens alles, was möglich ist, machen, um eine neue kirchliche Organisation zu bauen, die aber trotz ihrer Neugestaltung treu den Dogmen, der Moral, den Kanones, der Orthodoxen Tradition und nicht zulezt dem Şagunas Geist bleibt.

(Referat susținut în luna septembrie 2005, la cel de-al XVII-lea Congres al Societății pentru Dreptul Bisericilor Orientale/Die Gesellschaft für das Recht der Ostkirchen, din Urbino – Italia, și publicat în Revista Kanon XIX, Egling 2006.)

[1] L. STAN, Tradiţia pravilnică a Bisericii; Însemnătatea şi folosul cunoaşterii legilor după care se conduce Biserica, in ,,Studii Teologice”, XII (1960), nr. 5-6, 348.

[2] L. STAN, Tradiţia pravilnică a Bisericii, 349.

[3] Die kirchlichen Kanones und die kaiserlichen Nomoi wurden in den kaiserlichen Gesetzessammlungen gesammelt wie der Codex Theodosianus (438), Justinians I. Codex Constitutionum (529), Pandectae (533), Institutiones (533), Leons III. Ekloge (741), Proecheiron Kaiser Basileos I. (870) u.a. Der Fundamentalkodex der orthodoxen Theologie bleibt das so genannte Nomokanon in XIV Titeln (883), Patriarch Fotios.

[4] Vgl. L. STAN, Tradiţia pravilnică a Bisericii, 350.

[5] Siehe Statutul pentru organizarea şi funcţionarea Bisericii Ortodoxe Române, Editura Institutului Biblic şi de misiune al Bisericii Ortodoxe Române, Bucureşti, 2003, weiter einfach Statut gennant.

[6] Vgl. L. STAN, Mirenii în biserică; importanţa elementului mirean în Biserică şi participarea lui la exercitarea puterii bisericeşti.  Studiu canonic-istoric, Sibiu, 1939, 207-235.

[7] A. FREIHERR VON SCHAGUNA, Compendium des kanonischen Rechtes der einen, heiligen, allgemeinen und apostolischen Kirche, aus dem Romanischen übersetzt von Dr. Alois Senz, Hermannstadt, 1868.

[8] A. FREIHERR VON SCHAGUNA, Compendium, 19.

[9] A. FREIHERR VON SCHAGUNA, Compendium, 21.

[10] Vgl. Epheser 4,5.

[11] A. FREIHERR VON SCHAGUNA, Compendium, 86.

[12] A. FREIHERR VON SCHAGUNA, Compendium, 86.

[13] A. FREIHERR VON SCHAGUNA, Compendium, 87.

[14] Siehe dazu A. FREIHERR VON SCHAGUNA, Compendium, 93-181.

[15] A. FREIHERR VON SCHAGUNA, Compendium, 88.

[16] Es ist zu betonen, dass Şaguna in rumänischer Auflage des Compendiums über ,,Unterschied der Stellung und der Nationalität welche sie in der Kirche einnehmen“ spricht. Siehe dazu A. BARONU DE SIAGUN`A, Compendiu dreptulu canonicu alu unei sântei sobornicesci si apostolesci biserici, Sabiiu, 1868, 90: ,,fara deosebire de nationalitate si de pusetiune, care o ocupa in Biserica”.

[17] Die Annahme der Union (in den Jahren 1697-1700) durch den orthodoxen Metropolit (Atanasie Anghel) der am Ende des 16. Jahrhunderts gegründeten Metropolie von Alba Iulia/Weissenburg bedeutete einen schweren Einschnitt in die kirchliche Organisation der orthodoxen Rumänen aus Transsilvanien. Zwischen 1783 und 1864 unterstanden die Orthodoxen aus Transsilvanien der serbischen Metropolie von Karlowitz. Mit der 1864 durch Andrei Şaguna durchgesetzten Wiedererrichtung einer orthodoxen Metropolie für Transsilvanien (nunmehr mit Sitz in Sibiu/Hermannstadt) erlangten sie die Autonomie wieder.

[18] Vgl. A. FREIHERR VON SCHAGUNA, Compendium, 91.

[19],,Gravamenul episcopului Şaguna la Împăratul contra ministrului, cerând între alte şi reînfiinţarea metropoliei românilor ortodocşi”, in: Il. PUŞCARIU, Metropolia românilor ortodocşi din Ungaria şi Transilvania. Studiu istoric despre reînfiinţarea metropoliei, dimpreuna cu o colecţiune de acte, Sibiiu, 1900, colecţia de acte, 122.

[20] A. FREIHERR VON SCHAGUNA, Compendium, 88-89.

[21] Siehe dazu die Evangelische Kirchenzeitung, Berlin, 18/1869; vgl. auch I.LUPAŞ, Vieaţa şi faptele mitropolitului Andreiu Şaguna, in: Mitropolitul Andreiu baron de Şaguna. Scriere comemorativă la serbarea centenară a naşterii lui, Sibiiu, 1909, 1-400, 188: ,,Dieses Opus [ Compendium] zeigt uns den Author, als einen Mann der edlen Freiheit und Güte des Herzens, der neben seiner Liebe  für die überkommenen Satzungen des christlichen Altertums, einen wachen Geist für die Notwendigkeiten der Gegenwart und ein lebendiges Interesse für die beständige Entwicklung der Kirche zeige, da er das Prinzip der Synodalität, die Verwendung der Muttersprache im Gottesdienst und die Vervollkommnung der Kirche durch den Staat und des Staates durch die Kirche vertrete…”.

[22] Siehe dazu R. RADIČ, Die Verfassung und Verwaltung der orthodox-katholischen Kirche bei den Serben in Österreich-Ungarn, vol I. Werschetz, 1877; E. RADIČ, Die Verfassung der orthodox-serbischen und Orthodox-Rumänischen Partikular-Kirchen in Österreich-Ungarn, Serbien und Rumänien, Prag, 1880. Radoslaw, nach seiner Mönchstonsur Emilijan von RadiČ war einer der schärfsten und heftigsten orthodoxen Kritiker Şagunas. Vgl. auch Thomas BREMER , Ekklesiale Struktur und Ekklesiologie in der Serbischen Orthodoxen Kirche im 19. und 20. Jahrhundert, Würzburg 1992, 96.

[23] Siehe dazu F. H. Vering, Lehrbuch des katholischen, orientalischen und protestantischen Kirchenrechts, mit besonderer Rücksicht auf Deutschland und Österreich, II. Auflage, Freiburg in Breisgau, 1881. Die Tatsache, dass Vering in der ersten Auflage seines Lehrbuchs, als Czernowitzer Ordinarius, das Compendium ohne wertende Anmerkungen anführt (Vering, Lehrbuch, 1876, 17) und erst in der zweiten Auflage 1881 (ders., Lehrbuch, ²1881, 22) als Prager Ordinarius die “protestantischen Anschauungen” einfügt, lässt darauf schließen, dass er durch seine Bekanntschaft mit dem jungen serbischen Studenten Radoslaw von RadiČ, der in Prag Jura studierte, zu dieser Wertung gelangte.

[24] F. Vering war einer der bekanntesten deutschsprachigen katholischen Kanonisten in der 2. Hälfte des 19. Jh.s. Er war seit 1875 der erste Kanonist an der Czernowitzer Francesco-Josephina, von wo er 1879 zum Ordinarius für Kanonisches Recht an die Prager Deutsche Universität berufen wurde. Sein Lehrbuch des katholischen, orientalischen und protestantischen Kirchenrechts, Freiburg, 1876, erlebte drei Auflagen. Er war ausserdem Herausgeber des Archivs für katholisches Kirchenrecht in Mainz, in dem auch die Beschlüsse orthodoxer Synoden publiziert wurden. Er schrieb in der III. Auflage seines Lehrbuchs, von 1893, 24: “Derselbe [Şaguna] verfasste auch ein populäres, das orientalische Kirchenrecht vielfach nach protestantischen Anschauungen umgestaltendes Compendium des can. Rechtes”.

[25] A. FREIHERR VON SCHAGUNA, Compendium, 310.

[26] Vgl. Statut, 9.

[27] Siehe auch Art. 6 Statut.

[28] Art. 111 Statut.

[29] Als Information geben wir hier die Namen aller administrativen Teilen der rumänisch-orthodoxen Diaspora: Die autonome Metropolie von Bessarabien, mit dem Sitz in der Stadt Chişinău, die Republik Moldawien; Die rumänisch-orthodoxe Metropolie für Deutschland, Central- und Nord Europa, mit dem Sitz in der Stadt Nürnberg, die Republik Deutschland; Die rumänisch-orthodoxe Metropolie von West- und Süd-Europa, mit dem Sitz in der Stadt Paris, die Republik Frankreich; Das rumänisch-orthodoxe Erzbistum von den Vereigniten Staaten und Kanada, mit dem Sitz in der Stadt Chicago, Illinois, USA.

[30] Art. 87-88 Statut.

[31] Art. 71Statut.

[32] Vgl. auch http://www.patriarhia.ro/.

[33] Vgl. dazu Kap. II. § 29 und § 30 von Statutul organic al Bisericii Greco-Orientale Române din Ungaria şi Transilvania, Sibiu 1881,18.

[34] Siehe A. FREIHERR VON SCHAGUNA, Compendium, 133-136.

[35] Art. 41-46 Statut.

[36] Vgl. auch http://www.patriarhia.ro/.

[37] Vgl. auch http://www.patriarhia.ro/pag/comunitati/.

[38] Art. 74-86 Statut.

[39] Vgl. auch http://www.patriarhia.ro/pag/comunitati/.

[40] Siehe Art. 186 Statut. Dieser Artikel war klarer im Statut von 1948, weil dort die juridische Persönlichkeit des öffentlichen Rechtes explizit gennant wurde. Im Jahre 1998 wurde aber das Syntagma ,,des öffentlichen Rechtes“, durch die Beschließung 3505/16. Juli 1998, von der Nationalkirchenversammlung gelöscht.

[41] Art. 31-34 Statut.

[42] Art. 35-38 Statut.

[43] Art. 103-110 Statut.

[44] Art. 28-30 Statut.

[45] Art. 114 Statut.

[46] Art. 89-90 Statut.

[47] Art. 72-73 Statut.

[48] Art. 47-51 Statut.

[49] Art. 79-86 Statut.

[50] Art. 9-15 Statut.

[51] Art. 16-18 Statut.

[52] Art. 19-24 Statut.

[53] Art. 25-27 Statut.

[54] Art. 112-114 Statut.

[55] Art. 91-99 Statut.

[56] Art. 100-102 Statut.

[57] Art. 52-59 Statut.

[58] Art. 60-64 Statut.

[59] Art. 79 Statut.

[60] L. STAN, Tradiţia pravilnică a Bisericii, 350.

[61] Vgl. Can. 12 Trulo und seine Entwicklung in der Ostkirche. 

[62] Siehe dazu M. PĂCURARIU, Geschichte der Rumänischen Orthodoxen Kirche (Oikonomia 33), Erlangen 1994.

[63] Siehe dazu STAATSARCHIV WIEN – Staatsratsakten 2173/1846 in T. BODOGAE, 100 de ani de la venirea lui Şaguna în Ardeal, Cum a ajuns Şaguna vicar şi episcop în Ardeal, Sibiu, 1947, 30-31.

[64] Vgl. auch http://www.patriarhia.ro/.

[65] Art. 52 Statut: ,,Die Pfarrei hat als vertretenden Organ die Pfarrversammlung. Alle Männer, die volljährig, selbständig, moralisch, unbeanstandet sind, und den moralischen und materiellen Verpflichtungen für die Kirche und ihr Anstalten  nachkommen, sind die Pfarrmitglieder und sie bilden die Pfarrversammlung.“

[66] Vgl. Art. 53 Statut; Art. 63, § 2 Statut.

[67] Vgl. Art. 92 Statut.

[68] Vgl. Art. 21, § 1 Statut.

[69] Siehe dazu die Verfassung Rumäniens von 1948, Art. 18.

[70] Art. I. § 6.  Statutul organic al Bisericii Greco-Orientale Române din Ungaria şi Transilvania, Sibiu 1881,10.

[71] Art. 52 Statut.

[72] Siehe die Verfassung Rumäniens von 2003, Art. 1, (3).

[73] Siehe dazu Kanon V (1981).

[74] P. GURAN, Anacronismul unei festivităţi în Dealul Patriarhiei, in der rumänischen Zeitschrift ZIUA, vom Montag, 7. März 2005.

[75] A. FREIHERR VON SCHAGUNA, Compendium, 88.

[76] A. FREIHERR VON SCHAGUNA, Compendium, 314.

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